Wenn die Flucht die Kunst bewegt…
… dreht sich eine Documenta um ein Thema. So war es auch 2017 zur 14. Documenta in Kassel. Da es sich bei mir momentan auch sehr um dieses Thema dreht, war ich natürlich sehr gespannt auf das was mich so erwarten würde. Schon 2012 wo ich gemeinsam mit Catha zu unserer ersten Documenta gefahren war, war sehr interessant. Unsere anfänglich nicht vorhandene Ortskenntnis war dieses Jahr der Erinnerung der endlosen Wege gewichen. So fuhren wir dann Nachts, nach der Arbeit nach Kassel. Ich hatte vorher bei Airbnb ein Zimmer in einer Studenten WG gebucht. Als wir angekommen waren vielen wir beide erst mal ins Bett.
Der erste Tag:
Nach dem für mich ungewohnten morgendlichen Kampf mit dem Duschvorhang, begaben wir uns auf den Weg in die Kasseler Innenstadt. Dieses mal waren wir näher an dieser dran, so dass wir später heraus fanden, dass wir diesen auch zu Fuß schafften. In dieser angekommen, gingen wir auch direkt zur „Akropolis“. So nannten wir liebevoll das Kunstwerk THE PARTHENON OF BOOKS von Marta Minujín. Es war einfach nur beeindruckend. Gerade da mir selbst nicht bewusst war, dass Bücher wie Harry Potter in manchen Ländern verboten sind. Wahrscheinlich da es dort um freies denken, und Selbstbestimmtheit geht. Wir blieben erst mal einige Zeit drinnen stehen und ließen es auf uns wirken.
Als zweites begaben wir uns zum Werk des irakischen Installationskünstlers Hiwa K.. Er hatte Abwasserrohre aufgestellt um die Übergangsquartiere von Geflüchteten darzustellen. Ich selbst hatte so eine Behausung das erste mal im Film „Tsotsi“ gesehen. Dort hatten Straßenkinder sich in alten Abwasserrohre eingerichtet. Diese waren aber eher aufs nötigste reduziert. Nicht ganz so schön wie jetzt bei diesem Werk. Eigentlich sollten die Rohre über Airbnb vermietet werden. Doch das gestatteten die Sicherheitsbehörden leider nicht. Ich denke, das wäre eine echt geniale Aktion gewesen.
Was wir irgendwie nicht bedacht hatten war die Masse an Menschen. Als wir 2012 in Kassel waren, war es auch voll. Aber es war mitten in der Woche. Da Catharina noch Studentin war und ich Urlaub hatte war das möglich. Doch jetzt an einem Samstagvormittag war ein in die Ausstellungen kommen fast unmöglich. Da wir lieber das schöne Wetter etwas genießen wollten entschieden wir uns zuerst mal etwas draußen zu bleiben. So begaben wir uns runter zur Karlsaue, die echt sehenswert ist und auch das ein oder andere Kunstwerk enthielt.
Da die Schlangen nicht wirklich kürzer geworden waren machten wir eine kleine Pause und verglichen die letzte mit dieser Documenta. Wir entschieden uns als ehemalige Designstudenten doch mal die Kunsthochschule anzuschauen. Da dort auch etwas gezeigt wurde. Leider war das sehr enttäuschend. Ein Film der den Ausflug zur Documenta in Athen zeigte welchen man nicht sehr gut sehen konnte, da vor dem Fernseher eine Säule war. Manche Besucher fanden das ganze wie wir auch anscheinend sehr lahm und schliefen einfach ein.
„Ist das Kunst oder kann das weg?“ fragten sich auch einige der Besucher. So waren Catha und ich doch sehr belustigt als ein Haufen aus Ästen von Documenta Besuchern betrachtet wurde und man diskutierte was der Künstler damit sagen möchte. Erinnerte mich etwas an die Brille die im Museum of Modern Art drapiert wurde.
Wir begaben uns hoch auf einen Berg wo ein alter Bunker genutzt wurde um Wein und kleine Snacks zu verkaufen. Wir gönnten uns jeder ein Gläschen Wein und genossen den Ausblick den man hier über Kassel hatte.
Auf dem Weg zurück zur Innenstadt kamen wir am Marmorzelt der Kanadischen Künstlerin Rebecca Belmore vorbei. „Biinjiya’iing Onji“ (Von innen) ist der Titel des beeindruckenden Werkes. Um an die Partner-Documenta-Stadt Athen zu erinnern besteht das Zelt aus griechischem Marmor und die Öffnung ist nach Süden, Richtung Athen gerichtet. In solchen Zelten leben die Menschen im jetzt geräumten Dschungel von Calais unter niedrigsten Bedingungen.
Als wir sie das erste mal sahen machten wir unsere Witze wie oft wohl die Feuerwehr gerufen wurde. Denn die Rauchkunst des Künstlers Daniel Knorr, im Zwehrenturm des Fridericeanums, konnte bei einer kurzen Betrachtung den Anschein eines Feuers erwecken. Wenn man aber länger hin schaute bemerkte man, dass in regelmäßigen Interwallen der Rauch kam. Was bei einem Feuer unmöglich wäre. Abends las ich dann im Internet das die Feuerwehr immer wieder wegen der Installation angerufen wurde.
Da die Schlange an der DocumentaHalle sehr kurz war, wagten wir uns anzustellen. Als wir drinnen waren wussten wir warum so wenig los war. Es war sehr stickig. Was sehr schade war, da die hier gezeigten Werke auch einiges zu bieten hatten.
Draußen vor der Halle bekamen wir eine Breakdancegruppe mit. Das ist etwas, was ich an Veranstaltungen wie der Documenta liebe. Es geht übergreifend von allen Arten der Kunst.
Wir begaben uns zu einem syrischen Restaurant und aßen Sharwarma und Tabouleh. Frisch gestärkt ging es dann weiter zur Neue Neue Galerie. Hier gab es auch einiges zu sehen, worüber man schon im Fernsehen erfahren hatte. Sehr interessante und beeindruckende Werke wurden gezeigt.
Nach dem wir auf dem Fußweg zu unserem Zimmer in einen kleinen Regenschauer gekommen waren, legten wir uns wieder trocken und gingen wieder in die Stadt um in der gleich Pizzeria wie letztes Jahr was zu essen.
Zweiter Tag:
Sonntagmorgen ist nur etwas für Frühausteher, dachten wir uns und machten uns früh auf den Weg zur Neuen Galerie. Dieses Mal wurden wir belohnt. Die Schlange war nicht so lang. Wir kamen sehr schnell rein und gingen gemütlich durch die Räume.
Sehr beeindruckend fand ich wie beim letzten Mal auch das Werk in der Wandelhalle im Obergeschoss. 2012 hatte Geoffrey Farmer seine riesige Collage „Leaves of Grass“ gezeigt. Welches mich sehr beeindruckte. Dieses Mal zeigte die Senegalesische Künstlerin Pélagie Gbaguidi ihre Arbeit „The Missing Link. Dicolonisiation Education by Mrs Smiling Stone“. Die Künstlerin verarbeitet den Rassenhass und den „Code Noir“, ein Dekret zur Sklavenhaltung aus dem Jahr 1685.
Wir begaben uns dann nochmal zum Fridericianum. Der Sonntagvormittag war noch im Gange und die Schlange war nicht so lang. Nach einer kurzen Wartezeit waren wir drin. Auch hier gab es einige Werke die mich sehr berührten. Da ich einige Fluchtgeschichten persönlich gehört habe.
Da wir leider schon wieder an den Heimweg denken mussten, tranken wir noch gemütlich etwas, schauten uns den Obelisken auf dem Königplatz noch an und begaben uns zum Auto. In einer Unterführung wo am Abend zuvor Konzerte gegeben wurden entdeckte ich noch ein Graffiti welches mir Kassel noch sympathischer machte. Hoffe 2022 bin ich spätestens wieder hier.